• Datum: 01.10. 2023, 20:08 Uhr (Europe/Berlin)

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  • Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Würges von Karl Heinz Braun

    Als die Nassauische Regierung vor 170 Jahren anordnete, dass jeder Mann zwischen 20 und 60 Jahren zum Feuerlöschdienst verpflichtet sei, war der erste Schritt zu einer organisierten Brandbekämpfung getan. Man hatte erkannt, dass wahlloses Helfen wollen des Einzelnen oft das Gegenteil bewirkte, nämlich Chaos und Schrecken an der Brandstelle.
    Dieser ersten Pflichtfeuerwehr in unserer Gemeinde stand nur eine 1749 von der Gemeinde angeschaffte Bach-Handdruckspritze von 3 Ohm Wasserinhalt (1 Ohm = 160 Liter) mit 6-Zoll Zylindern , die von acht Mann zu bedienen war, zur Verfügung. Das Wasser wurde damals noch mit Stroh- oder Ledereimer mittels einer Menschenkette vom Emsbach oder Backesborn zur Feuerspritze gebracht. Mit einer solchen Ausrüstung war natürlich nicht viel anzufangen, was sich auch bei dem großen Brand in der Nacht vom 6. auf den 7. Juli 1848 zeigte: Es brannten fast alle Scheunen auf der rechten Seite der Obergasse (heutige Schulstraße) vom ausgehenden Brandherd, dem Gasthaus „Zum schwarzen Ross“ bis zum Backesborn ab; immerhin gelang es der neuen Feuerwehrmannschaft die Wohnhäuser zu retten. Der Nachteil einer Pflichtfeuerwehr in der damaligen Zeit war, dass nicht jeder Feuerwehrmann gleich gut ausgebildet war, so dass im Brandfalle kein optimales Vorgehen der Wehr möglich war. Aus diesem Grund begrüßte man es, dass nach und nach in den einzelnen Ortschaften pflichtbewusste Bürger den Brandschutz in Eigenverantwortung übernahmen und sich in freiwilligen Feuerwehren zusammenschlossen.
    Für die Gründung ist uns die folgende Anzeige im „Camberger Hausfreund“ Nr. 138 überliefert:

    1906, Würges: Freiwillige Feuerwehr
    Am letzten Mittwoch, den 21. November, am Nachmittag hat sich im hiesigen Schullokal unter Anwesenheit unseres Bürgermeisters Meuth und Herrn Branddirektors Müller aus Limburg eine freiwillige Feuerwehr gegründet, welcher 23 Mitglieder beitraten.
    Zum 1. Kommandant wurde gewählt Landwirt Moritz Heß, 2. Kommandant Franz Löw, Spritzenmeister Richard Rattey, Führer der Wachmannschaft Landwirt Adam Paul und Führer der Rettungsmannschaft Landwirt Peter Wagner. Um das Zustandekommen hat sich Bürgermeister Meuth sehr verdient gemacht.
    Die erste Aufgabe der ersten Freiwilligen Feuerwehr Würges war, die vorhandenen Geräte auf den neuesten Stand zu bringen bzw. nach den neuesten Erkenntnissen zu ergänzen. Auch auf die Anschaffung einer ansprechenden Uniform mit Lederhelm wurde viel Wert gelegt. Uniformröcke und -hosen wurden vom Würgeser Schneidermeister Philipp Wolf genäht.
    Am 25. Juni 1907 hatte die neugegründete Wehr das erste Mal Gelegenheit zum tatkräftigen Eingreifen, als die Scheune des Schuhmachers Jakob Thies plötzlich in Flammen stand und vollständig abbrannte. Hierzu eine Notiz im „Camberger Hausfreund“ (Lokalzeitung von 1885 bis 1936):

    1907, am 25. Juni, Würges: Scheune abgebrannt
    Gestern Abend gegen halb 8 Uhr brach in der Scheune des Schuhmachermeisters Jakob Thies auf bisher noch ungeklärte Weise Feuer aus. In wenigen Augenblicken hatte sich dasselbe über die ganze Scheune ausgedehnt und nur dem raschen und tatkräftigen Eingreifen der herbeigeeilten hiesigen Freiwilligen- und Pflichtfeuerwehr, ist es zu danken, daß größeres Unheil verhütet wurde, denn das angebaute Wohnhaus, welches bereits anbrannte, und dasjenige des Herrn Schäfer waren dem Feuer am meisten ausgesetzt. Auch die Walsdorfer Feuerwehr war am Brandplatz erschienen.
    Es verbrannten: 4 Fuder Roggenstroh, eine Ziege und einige Hühner. Zu bemerken ist, dass die hiesige freiwillige Feuerwehr unter ihrem rührigen und umsichtigen Kommandanten Moritz Heß die Feuertaufe erhielt und sich in allem als eine tüchtige Wehr zeigte. Auch die Einwohnerschaft leistete tatkräftige Hilfe. Wiederum hat es sich bewiesen, wie notwendig eine Wasserleitung für unseren Ort ist; wäre der Mühlgraben ausgetrocknet gewesen, wäre es zu einer Katastrophe gekommen.
    Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, kam die Vereinstätigkeit zwangsläufig zum Erliegen, da die meisten der Mitglieder zum Wehrdienst herangezogen wurden. Nach Ende des Krieges, im Jahr 1918, kamen harte Jahre der Entbehrungen. Die Inflation 1923 sowie der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929 brachten kein Vereinsleben zustande. Erst 1933 wurde in einer von Bürgermeister Johannes Meuth einberufenen Versammlung die Vereinstätigkeit wieder aufgenommen. Kommandant wurde Schmiedemeister Peter Wagner.
    Aus diesem Jahr der Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit sind uns zwei Brände überliefert:

    Am 28. März 1933 brannte die Scheune des Kohlenhändlers Josef Munsch aus ungeklärter Ursache ab. Das Vieh konnte rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Die Würgeser Feuerwehr hatte die Situation voll im Griff, so dass die Walsdorfer und Camberger Wehren die Brandstätte wieder verlassen konnten.

    Am 7. August 1933 schlug der Blitz in die Scheune und Werkstatt des Wagnermeisters Josef Kremer ein. Durch rechtzeitiges Eingreifen der hiesigen Feuerwehr konnten Brand und Schaden in Grenzen gehalten werden.

    Zur Verbesserung der Brandbekämpfung wurde im Jahr 1938 von der Gemeinde die erste Tragkraftspritze der Marke DKW gekauft. Die neue Spritze mit einem Zweitaktmotor war relativ schwierig zu bedienen und bedurfte eines ausgebildeten Maschinisten. 1940 musste der Verein, bedingt durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939, seine Tätigkeit einstellen. Eine Pflichtfeuerwehr übernahm den Löschdienst. Trotz Kriegseinwirkungen durch Luftangriffe gab es nur geringe Schäden in unserem Dorf, die ein Eingreifen der Pflichtfeuerwehr stark gefordert hätte.

    Im Jahre 1950 wurde von Bürgermeister Josef Becker und einigen verdienten alten Mitgliedern die Neubildung der Freiwilligen Feuerwehr beschlossen und öffentlich bekannt gegeben.
    Schon am 19. Januar 1950 konnte die neue Wehr ihre erste Bewährungsprobe bestehen, als die Scheune des Gastwirts Heinrich Müller (Gasthaus „Zur Krone“) brannte. An diesem Abend wehte ein eisiger Ostwind, der die Funken über das ganze Dorf trieb, so dass die Gefahr weiterer Brände bestand. Außerdem wurden die Löscharbeiten durch die große Kälte, die das Wasser sofort gefrieren ließ, stark behindert.
    „Das Feuer wurde durch die Geistesgegenwart des Wehrführers, Schmiedemeister Peter Wagner und den vollen Einsatz aller Wehrmänner unter Kontrolle gebracht“, so berichtete die lokale Presse.
    Dieser Brand machte deutlich, dass die vorhandene Ausrüstung noch der Ergänzung bedurfte und dass regelmäßige Übungen dringend notwendig waren.
    Durch die auswärtige Berufstätigkeit vieler aktiver Wehrmänner konnten die Übungen nur an den freien Sonntagen abgehalten werden. Eine solche angesetzte Übung wurde am Tag vorher durch die Ortsschelle bekannt gegeben und kurz vorher vom Hornisten Rudi Wagner angeblasen. Erst 1958 wurde dann die seit langem gewünschte Sirene installiert.
    Bei einer Inspektion im Jahre 1954 empfahl der damalige Kreisbrandinspektor die Anschaffung einer neuen Motorspritze TS 8 sowie 100 Meter B-Schlauch. Zwei Jahre später erfolgte die Anschaffung. Außerdem erfolgte der Kauf eines Feuerwehrautos: ein ehemaliges Postauto Marke „Opel Blitz“ Baujahr 1947 für 2000 DM.
    Im Jahr 1963 wurde das nicht mehr den Anforderungen entsprechende alte Spritzenhaus abgerissen und an der gleichen Stelle von der Gemeinde unter Mithilfe der Mitglieder durch ein neues Gerätehaus mit Schlauchturm ersetzt.

    Im Jahr 1964 kam es zur Krise in der Freiwilligen Feuerwehr Würges. Die angesetzten Übungen wurden immer schlechter besucht und man trug sich mit dem Gedanken, die freiwillige Wehr in eine Pflichtfeuerwehr umzuwandeln. Durch massives Appellieren an das Pflichtbewusstsein der Bürger gelang es Bürgermeister Karl Keller und einigen altgedienten Wehrmännern die Vereinstätigkeit und die Optimierung der aktiven Wehr wieder in Gang zu bringen. 1966/67 wurde die aktive Mannschaft durch den Beitritt junger Männer weiter verstärkt. In den folgenden Jahren beteiligte sich diese Mannschaft unter der Leitung ihres Gruppenführers Berthold Dasbach auch an den Wettkämpfen des Kreises Limburg.
    Sich an alten Zeiten orientierend wurde am 21. Juni 1969 eine so genannte Sonnenwendfeier auf dem „Haidchen“ am Steinweg abgehalten. Diese Stelle ist die höchste in der Würgeser Gemarkung. Das hier bei Einbruch der Dunkelheit entzündete Feuer war fast im ganzen Goldenen Grund zu sehen. Diese inzwischen zur Tradition gewordene Veranstaltung fand große Zustimmung bei den Würgeser Bürgern und entsprechend gut waren auch die Einnahmen zugunsten der Vereinskasse. Waren die Anfänge der Sonnenwendfeiern noch recht primitiv, so ging es von Jahr zu Jahr aufwärts; der Verein benutzte ein eigenes Zelt. In den späteren Jahren wurden die Ansprüche immer größer, so dass der Verein ein Leihzelt mit Biertheke benötigte.
    Um den stetig steigenden Anforderungen, welche mit der Zeit an eine gut funktionierende Feuerwehr gestellt werden, zu genügen, erwarb die Gemeinde Würges Ende September 1969 ein mit den modernsten Geräten ausgerüstetes Löschfahrzeug (LF8 „Opel Blitz“), das am 8. November 1969 an die Würgeser Wehr übergeben wurde.
    Am 3. April 1971 legte Schmiedemeister Peter Wagner nach 52 Jahren aktivem Wehrdienst sein Amt als Wehrführer und Vereinsvorsitzender nieder; er wurde zum Ehrenkommandanten ernannt. Sein Schwiegersohn Berthold Dasbach wurde zum Nachfolger gewählt. Da dieser das Amt aus beruflichen Gründen nur bis März 1973 ausüben konnte, wurde Peter Reuter zum neuen Kommandanten gewählt.
    Regelmäßige Übungen mit theoretischem Unterricht trugen ihre Früchte, als die Wehr 1973/74 bei Wettbewerben in Oberweyer und Neesbach den Kreismeistertitel erringen konnte. Da diese Wettkämpfe offiziellen Charakter hatten, vertrat die Würgeser Feuerwehr den Kreis Limburg bei den Bezirkswettkämpfen des Regierungsbezirks Darmstadt in Klein-Krotzenburg. Auch bei Bränden in den genannten Jahren konnte die junge Einsatzgruppe ihre Fähigkeit unter Beweis stellen.
    Im Juli 1974 erweiterten die aktiven Mitglieder ihr Gerätehaus mit einem Anbau zwecks Einbaus einer Heizung.
    Ein großes Ereignis war das 70. Stiftungsfest mit der gleichzeitigen Ausrichtung des Bezirksverbandstages, das vom 21. bis 23. Juni 1975 gefeiert wurde . Die Einnahmen bei diesem Fest, das relativ einfach ausgestattet war, beliefen sich auf einige zehntausend Mark, so dass die Vereinskasse relativ gut gefüllt wurde.
    Da das Interesse der Jugend sich im steigenden Maße der Technisierung und der Motorisierung zuwendet, galt es, die jungen Menschen am Feuerlöschwesen zu interessieren, bevor sie sich anderen Dingen widmeten. Auf Initiative des Vorstandes gründete sich schon 1970 eine Jugendfeuerwehr, die ab 1972 von Karl Thies geleitet wurde.
    Im Juni 1974 verlor die Gemeinde Würges ihre Selbstständigkeit und ist seitdem ein Stadtteil von Camberg. Zur Zeit des Zusammenschlusses bestanden in der Kernstadt sowie in allen fünf Stadteilen freiwillige Feuerwehren. Da diese Wehren mit ihren Einsatzabteilungen Institutionen der Gemeinden sind, erfolgte im Jahre 1975 ein Zusammenschluss aller Wehren. Als Verantwortlicher für das gesamte Feuerlöschwesen der Stadt Camberg (damals noch ohne „Bad“) wurde auf der ersten Hauptversammlung Josef Thies aus Camberg zum Stadtbrandinspektor gewählt. Sein Stellvertreter wurde Franz Gabriel aus Erbach. Für den Brandschutz in den einzelnen Stadtteilen sind die Wehrführer der jeweiligen Feuerwehren verantwortlich. Der Stadtbrandinspektor und die Wehrführer bilden den Wehrführerausschuss. Ihm obliegt unter anderem die Aufteilung der von der Stadt bereitgestellten Mittel für das Feuerlöschwesen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die nicht zuletzt aus dem sehr unter schiedlichem Ausrüstungsstand der einzelnen Wehren resultierten, war die Zusammenarbeit in den Folgejahren sehr gut. Seit 1976 werden jährlich gemeinschaftliche Großübungen durchgeführt, an denen sich alle Wehren der Stadt beteiligen.

    FF Würges e.V.